Entscheidungen  Bundesspruchkörper  BVerfG  2019 

BVerfG, Beschluss vom 03.07.2019, 2 BvR 2256 / 17

Leitsatz (redaktionell):

1. Im Rahmen der Prüfung der Aussetzungsreife einer Maßregel nach § 67d Abs. 2 StGB ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzubeziehen (integrative Betrachtung). Die darauf aufbauende Gesamtwürdigung hat die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen (vgl. BVerfG, 08.10.1985 – 2 BvR 1150/80, BVerfGE 70, 297).

2. Abzustellen ist auf die Gefahr i.S.d. § 63 StGB "erheblicher" rechtswidriger Taten. Die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr ist hinreichend zu konkretisieren; die Art. und der Grad der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten sind zu bestimmen; deren bloße Möglichkeit vermag die weitere Maßregelvollstreckung nicht zu rechtfertigen.

3. Die Missachtung der Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kann das Grundrecht auf Freiheit der Person verletzen, wenn es sich um eine nicht mehr vertretbare Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht handelt, die auf eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts schließen lässt (vgl. BVerfG, 10.10.2016 – 2 BvR 1103/16).

4. Gründe für eine etwaige Fristüberschreitung sind zur verfahrensrechtlichen Absicherung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in der Fortdauerentscheidung darzulegen.

Zitierung:
BVerfG, 03.07.2019, 2 BvR 2256 / 17
Bundesland:
Baden-Württemberg
Fundstelle:
unbekannt