Entscheidungen  Oberlandesgerichte  OLG Düsseldorf  2019 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.04.2019, 5 Ws 48 / 19

Leitsatz (redaktionell):

1. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Fortdauer eines Maßregelvollzugs nach langer Behandlung im Rahmen des Maßregelvollzugs (hier: 20 Jahre) nicht mehr rechtmäßig, wenn weitreichende Erfolge erzielt wurden und der Betroffene in der stützenden Umgebung des Maßregelvollzugs – ohne diesbezüglich maßgebliche Medikation – seit Jahren keines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB mehr aufweist. Der weitere Vollzug der Maßregel ist angesichts der anhaltenden Intensität des Eingriffs gegenüber der eher geringen Wahrscheinlichkeit weiterer Taten, deren drohende Folgen wiederum eher im unteren Bereich schwerer Schädigungen im Sinnes des § 63 StGB zu verorten wären, über eine Übergangsfrist hinaus nicht mehr zu rechtfertigen.

2. Allerdings darf dies nicht dazu führen, das Erfordernis nach einer geordneten Überleitung und Organisation der Lebensumstände des Beschwerdeführers zu ignorieren. Soweit keine hinreichenden Vorkehrungen für das Schaffen eines sozialen Empfangsraumes getroffen wurden, wäre Erledigungserklärung der Unterbringung ohne Übergangsfrist nicht im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen.

3. Zudem ist die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen und den Betroffenen an die Anforderungen heranzuführen, die ein Leben außerhalb des Maßregelvollzugs an ihn stellen wird.

Zitierung:
OLG Düsseldorf, 08.04.2019, 5 Ws 48 / 19
Bundesland:
Nordrhein-Westfalen
Fundstelle:
unbekannt